20 Jahre Monopol

"Das Magazin ist für den Kunstbetrieb unentbehrlich"

Auswahl einiger Monopol-Cover
Foto: monopol

Auswahl einiger Monopol-Cover

Was bedeutet Monopol für die Kunstwelt? Hans Ulrich Obrist, Monika Sprüth & Philomene Magers, Massimiliano Gioni, Marc Spiegler, Maike Cruse, Max Hollein und Carolyn Christov-Bakargiev geben Antwort

Hans Ulrich Obrist

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag von Monopol! Wie Zaha Hadid mir oft gesagt hat: Es sollte kein Ende des Experimentierens geben. Auf die nächsten 20 Jahre, auf die Zukunft, auf das Experimentieren.

Der 1968 geborene Schweizer Hans Ulrich Obrist gilt als einer der einflussreichsten Kuratoren der Gegenwart und als Meister des globalen Vernetzens. Er kuratierte Ausstellungen von New York bis Bangkok und den Schweizer Pavillon auf der Venedig-Biennale, leitete die Berlin Biennale und die Lyon-Biennale. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Interviewbände mit Künstlerinnen und Künstlern. Seit 2016 ist er künstlerischer Leiter der Serpentine Galleries in London.

Hans Ulrich Obrist
Foto: Lukas Wassmann

Hans Ulrich Obrist

Monika Sprüth & Philomene Magers

Monopol hat sich im Medienwandel behauptet und ist mittlerweile das einzige deutsche Kunstmagazin, das online tagesaktuell aus der Branche berichtet. Gleichzeitig ist Monopol dem Print treu geblieben, und man merkt dem Heft die Freude am Medium an. In tiefgreifenden Besprechungen und dem Aufspüren aktueller Entwicklungen unterstützt Monopol den Werdegang von Künstler*innen und leistet damit einen wichtigen Beitrag. Damit ist Monopol für den Kunstbetrieb unentbehrlich. Wir danken allen Chefredaktionen und Redakteur*innen, die Monopol zu 20 erfolgreichen Jahren verholfen haben, und wünschen von Herzen alles Gute für die kommenden Jahrzehnte!

Monika Sprüth, geboren 1949, und Philomene Magers, Jahrgang 1965, führten ihre Galerien im Jahr 1998 zusammen. Mit Künstlerinnen und Künstlern von Kenneth Anger bis zu Andrea Zittel (über John Baldessari, Andreas Gursky, Jenny Holzer, Barbara Kruger, Sterling Ruby, Cindy Sherman, Rosemarie Trockel und viele andere) und Standorten in Berlin, London, New York und Los Angeles gilt Sprüth Magers als eine der wichtigsten und erfolgreichsten Programmgalerien weltweit.

Monika Sprüth & Philomene Magers
Foto: © Florian Thoss, © Rosemarie Trockel / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Monika Sprüth & Philomene Magers

Massimiliano Gioni

Monopol startete ziemlich genau zu der Zeit, als ich anfing, zeitweise in Berlin zu leben, da ich die 4. Berlin Biennale kuratierte. Daher verbinde ich das Magazin sehr stark mit der Zeit, die ich in der Stadt verbrachte. Ich teilte meine Wohnung mit Maurizio Cattelan, Ali Subotnick hatte ihre Zimmer auf der anderen Seite des Hofes in den Kunst-Werken: Wir lebten wie Studenten und sortierten buchstäblich die Wäsche des jeweils anderen. Viele Freunde und Mitarbeiter machten unser Berlin-Biennale-Abenteuer zu etwas ganz Besonderem – mit einer ordentlichen Portion Nachtleben –, und einige Freunde von Freunden waren an Monopol beteiligt, auf welche Art auch immer.

Es war eine neue Art von Magazin für Deutschland, und es war Teil einer Kunstwelt, die sich schnell veränderte, auch in Berlin. Manche fanden es vielleicht ein bisschen zu schrill und zu sehr auf Lifestyle getrimmt – Sie wissen ja, wie sehr Berlin alles hasst, was auch nur annähernd Mainstream ist. Aber ich mochte die Berichterstattung immer, und das Magazin schaffte es, die meisten meiner Ausstellungen nicht zu hassen, sodass ich nicht umhinkonnte, es zu mögen.
Was ich an Monopol wahrscheinlich immer am meisten geliebt habe, war, dass ich nichts von dem verstehen konnte, was darin stand: Ich habe mir nur die Bilder angesehen :-)

Massimiliano Gioni, Jahrgang 1973, ist ein italienischer Kurator und Kritiker. 2006 leitete er zusammen mit Maurizio Cattelan und Ali Subotnick die 4. Berlin Biennale, 2013 die Venedig-Biennale. Aktuell ist er Artistic Director der Fondazione Nicola Trussardi in Mailand und des New Museum in New York.

Massimiliano Gioni
Foto: Christine Rivera

Massimiliano Gioni

Marc Spiegler

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Monopol! Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Eurem Überleben in einem Bereich, in dem so viele Publikationen verschwunden oder nur noch ein Schatten ihrer selbst sind.

Zu Beginn des Bestehens von Monopol wurde ich von ihrem Mitbegründer Florian Illies angesprochen. Ich kannte die Zeitschrift bereits. Es war – und ist bis heute – die einzige Zeitschrift, die ich regelmäßig in deutscher Sprache lese. Ich war damals Journalist und wurde von manchen als "Raymond Chandler der Kunstwelt" bezeichnet. Illies hatte meine Artikel in englischsprachigen Magazinen gelesen. Was Florian von mir wollte, waren nicht die investigativen Artikel, sondern die Denkanstöße darüber, wohin sich die Kunstwelt entwickelt. Waren Künstler die neuen Rockstars? (Nur in ihren eigenen Köpfen.) Wurden Galerien zu internationalen Marken? (Ja, aber nicht so wie jetzt.) Frisst die Kunstwelt ihre Jungen? (Leider ja.) Sind Kunstkritiker noch wichtig? (Not so much.)

Irgendwann Anfang 2007 erklärte ich mich sogar bereit, eine monatliche Kolumne zu schreiben. Sie ist nie erschienen. Denn ich verließ den Journalismus, um die Art Basel zu leiten. Und so wurde Monopol von einem Magazin, für das ich schrieb, zu einem Magazin, das über mich schrieb. Auch auf ihrer Seite wechselten die Dinge – zweimal die Eigentümer und dreimal die Chefredaktion. Doch der Geist und die Ausrichtung blieben erhalten. Und ich habe mich immer gefreut, die Redakteure und Autoren zu sehen – in Cafés, Clubs, auf Biennalen und Messen. Und jetzt stellten sie mir die großen Fragen.

2022 habe ich die Art Basel verlassen. Ich war also wieder nur ein Monopol-Leser, nicht sein Thema. Aber als ich hörte, dass Harald Falckenberg gestorben war, rief ich sofort Elke und Sebastian an und bot ihnen an, einen Nachruf zu schreiben, kostenlos. Sie sagten sofort zu. Und so schreibe ich plötzlich, 20 Jahre später, wieder für Monopol. Nicht als freiberuflicher Journalist, der versucht, sich in der Kunstwelt einen Namen zu machen, sondern aus Respekt vor einer kollegialen Freundschaft, die sich über zwei Jahrzehnte, viele Veränderungen, unzählige Interaktionen und den gemeinsamen Wunsch, die sich ständig weiterentwickelnde Kunstwelt zu verstehen und zu feiern, erstreckt. Merci infiniment, amico mio, möge Dein nächstes Jahrzehnt Dir viele weitere Abenteuer bringen!

Der amerikanisch-französische Kunstjournalist Marc Spiegler, Jahrgang 1968, schrieb u. a. für Monopol, "The Art Newspaper", "ARTnews" und die "Neue Zürcher Zeitung". 2007 kam er zur Art Basel, 2012 wurde er deren Leiter, Ende 2022 trat er von seinem Posten zurück.

Marc Spiegler
Foto: Andreas Pein/ laif

Marc Spiegler

Maike Cruse

Ich kann mich noch gut an die Anfangszeit von Monopol erinnern. Ich war damals Assistentin in den Kunst-Werken, und es gab ein ganz neues Kunstmagazin. Die Texte kamen von den angesagtesten Autor*innen, die wir alle lasen und die die Kunstkritik bestimmten. Das war nicht ganz außergewöhnlich. Magazingründungen gab es in diesen Jahren in Berlin einige. Während die meisten aber im Laufe der Jahre eingestellt wurden, feiert Monopol nun 20. Geburtstag.

Ich habe seither wahrscheinlich jedes Heft gelesen und durfte auch einmal eine Titelstory über Maurizio Cattelan beitragen. Monopol wurde mal die "Gala" der Kunstwelt genannt. Ein bisschen stimmt es: Monopol ist immer ganz nah dran an den aktuellen Entwicklungen, es gelingt der Redaktion fast immer, jene Künstler*innen zu besprechen, die gerade wichtig werden, dabei ist Monopol auf Augenhöhe, nicht abgehoben und überaus unterhaltsam.

Die Redaktion, die seit vielen Jahren in gleicher Besetzung arbeitet, zeichnet sich durch Omnipräsenz in der Kunstwelt aus und ist dabei so integer, unprätentiös und cool, dass man am liebsten dort selbst mal ein Praktikum machen würde.
Ich freue mich auf die Hefte der nächsten 20 Jahre. Happy Birthday!

Maike Cruse wurde 1975 geboren und kam nach dem Kunststudium in London im Jahr 2001 nach Berlin, wo sie unter anderem bei den Kunst-Werken arbeitete und zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern das "Forgotten Bar Project" initiierte. Von 2008 bis 2011 war sie Pressesprecherin der Art Basel, von 2014 bis 2023 leitete sie das Gallery Weekend Berlin als Direktorin. Seit 2023 ist Cruse Direktorin der Baseler Ausgabe der Art Basel.

Maike Cruse
Foto: Debora Mittelstaedt, courtesy of Art Basel

Maike Cruse

Max Hollein

Kaum in Frankfurt am Main angekommen, war Monopol dann das neue, aufregende, Kultur umfassend verstehende Magazin, das mich fortwährend begleitet hat – als Plattform für Begeisterung und Kritik, mit Brückenschlägen, Entdeckungen, Ideen und Anregungen. Ohne Monopol ging es dann auch in den USA nicht. Als freudvoll lesbares Kulturmagazin mit Stil, weiter Aktualität und Meinungsstärke war und ist es immer dabei.

Max Hollein, geboren 1969 in Wien, ist seit 2018 Direktor des Metropolitan Museum in New York. Der Österreicher begann seine kuratorische Laufbahn am Guggenheim Museum, ab 2001 leitete er die Schirn Kunsthalle und war seit 2006 zusätzlich Direktor des Städel Museums und des Liebieghauses in Frankfurt am Main.

Max Hollein
Foto: © The New York Times/Redux/laif

Max Hollein

Carolyn Christov-Bakargiev

Monopol nimmt in meiner Erfahrung mit der Medienlandschaft einen besonderen Platz ein – weil das Magazin sich für das Verständnis der zeitgenössischen Kultur und für die künstlerische Freiheit einsetzt. Ich erinnere mich gerne an die Tiefe des Dialogs, den seine Kunstkritiker immer dann führen, wenn ich interviewt werde, was selten ist. Monopol versucht wirklich, auf nicht akademische und nicht normative Weise zu verstehen, und das ist ethisch verantwortungsvoll. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Die 1957 geborene, amerikanisch-italienische Kunsthistorikerin und Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev war Leiterin der Documenta 13. Zuvor arbeitete sie u. a. am MoMA PS1 in New York und kuratierte die 16. Sydney-Biennale. 22 Jahre lang war sie Chefkuratorin und Direktorin des Castello di Rivoli in Turin, seit ihrer Pensionierung Ende vergangenen Jahres widmet sie sich freien Projekten.

Carolyn Christov-Bakargiev
Foto: Sebastiano Pellion

Carolyn Christov-Bakargiev

Dieser Artikel erschien zuerst in Monopol 5/2025